Seit drei Jahrzehnten erscheint die „Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften" (OeZG). Zum Geburtstag skizziert der Historiker und Mitbegründer Reinhard Sieder in einem Gastbeitrag für science.orf die wichtigsten Veränderungen der Disziplin – von objektivistischen Erkenntnisgrundlagen hin zu einer historischen Sozial- und Kulturwissenschaft.
110 Bände mit geschätzt 22.000 Druckseiten hat die OeZG seit ihrer Gründung im Jahr 1990 veröffentlicht. Etwa 1.500 Herausgeber*innen, Redakteur*innen und Autor*innen waren am Werk. Was die Gründer planten, geht aus dem Editorial des ersten Bandes hervor. Nicht die Durchsetzung einer bestimmten Richtung der Geschichtswissenschaft oder gar eine „neue Geschichte" seien ihr Projekt, sondern die Mobilisierung und Nutzung vorhandener Innovationspotenziale durch den Diskurs, ein Hin- und Herlaufen der Rede zwischen sozial-, kultur- und geschichtswissenschaftlichen Disziplinen.
Die Grenzen zwischen den Fächern wurden in den vergangenen 30 Jahren immer poröser. Viele neue Konzepte zogen in die Geschichtswissenschaften ein. Sie wurden zu travelling concepts: Praxis, ökonomisches Kapital, symbolisches Kapital, Feld, Habitus, Alltagsleben, Lebenswelt u. a. kamen aus westlichen Soziologien; Metapher, Narrativ, Mythos, Diskurs, Dispositiv kamen aus Philosophie und Wissenschaftsforschung, Kultur- und Literaturwissenschaft. Philosophen wie Foucault oder Lyotard durchdachten das Verhältnis von Wissen und Macht. All dies veränderte die Geschichtswissenschaften erheblich und zeigt sich in vielen Bänden der OeZG. Davon soll hier die Rede sein.
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OeZG-Festveranstaltung am 6. Mai 2021: 30-jahre-oezg.univie.ac.at/programm/