Nachschau zur Eröffnung des Denkmals für die vertriebenen Geschichte-Studierenden und -lehrenden - "Wenn Namen leuchten"
Am 19. Mai wurde im Hauptgebäude der Universtät Wien das Denkmal für die 1938 bis 1945 vertriebenen Geschichte-Studierenden und -Lehrenden der Universität Wien enthüllt. Nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus im März 1938 wurden binnen weniger Wochen tausende jüdische sowie politisch andersdenkende Studierende und Lehrende von der Universität Wien vertrieben, darunter auch zahlreiche aus dem Fach Geschichte.
Jüdische Studierende wurden an der Inskription gehindert, an der Ablegung der Prüfungen und an der Beendigung ihres – teilweise fast abgeschlossenen – Studiums; jüdischen Lehrenden wurde umgehend die Lehrbefugnis entzogen, sie wurden unbezahlt "beurlaubt", zwangspensioniert oder fristlos entlassen: Studierende wie Lehrende waren im nationalsozialistischen Wien physischer Gewalt, zahlreichen Diskriminierungen und Enteignungen ausgesetzt. Viele versuchten zu fliehen, was jedoch nicht allen gelang.
Im Hörsaal 41 ("Gerda-Lerner-Saal"), vor dem das Denkmal angebracht ist, wurde bei der Eöffnung an die 120 Studierenden und acht Lehrenden aus dem Fach Geschichte erinnert, die im Nationalsozialismus als Jüdinnen/Juden oder aus politischen Gründen von der Universität Wien vertrieben wurden.
Die Denkmalsenthüllung fand in Anwesenheit des Botschafters des Staates Israel, Mordechai Rodgold, statt, der auch Grußworte überbrachte.
Vizerektorin Regina Hitzenberger begrüßte das Denkmal als einen weiteren wichtigen Beitrag in der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit der Universität Wien, etwa neben der Rekontextualiseriung und künstlerischen Neugestaltung des Siegfriedskopf-Denkmals ("Kontroverse Siegfriedskopf", 2006) oder der ehemaligen Spitalssynagoge am Campus der Universität Wien ("Denkmal Marpe Lanefesh", 2005).
Sebastian Schütze, Dekan der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und designierter Rektor, betonte u. a. auch die künstlerische Qualität des Denkmals, ein Werk der Künstlerin Iris Andraschek.
Christina Lutter, Vorständin des Instituts für Geschichte und designierte Dekanin der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät, sowie Oliver Rathkolb, Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien, überbrachten die Grußworte aller sieben beteiligten historischen Institute und ordneten das Denkmal als wichtigen Beitrag in die Reihe der bestehenden und geplanten Gedenkaktivitäten der Universität Wien ein.
Jessica Gasior und Toma Khandour vom Vorsitzteam der ÖH der Universität Wien betonten, dass erstmals auch die vertriebenen Studierenden in den Gedenkraum der Universität Wien aufgenommen wurden. Auch die Notwendigkeit, an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu erinnern, wurde hervorgestrichen: Es gälte in Gesellschaft und Hochschule weiter wachsam zu sein gegen rechtsextreme und antidemokratische Tendenzen.
Herbert Posch, Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, beschrieb den Prozess der Vertreibung und die Auswirkungen auf das weitere Leben anhand von exemplarischen Biographien vertriebener Studierender und eines Lehrenden, nämlich Alfred Francis Přibram – eine Anfrage seiner Enkelin war einer der Anlässe gewesen, das Denkmal zu realisieren.
Martina Fuchs, Institut für Geschichte der Universität Wien, berichtete vom langen Weg zum Denkmal – ein Weg, der nach ersten Versuchen vor zwölf Jahren abgebrochen worden war, unter ihrer Leitung 2020/21 neu gestartet und über einen Kunstwettbewerb des Frühjahrs 2021 schließlich im Frühjahr 2022 realisiert werden konnte.
Begleitend wurde das von Herbert Posch und Martina Fuchs herausgegebene Buch "Wenn Namen leuchten. Von der Universität Wien 1938 bis 1945 vertriebene Geschichte-Studierende und -Lehrende: ein Denkmal" präsentiert (graphische Gestaltung: Aleksandra Fuhrer), das auch kurze biographische Skizzen zu den vertriebene Studierenden und Lehrenden enthält sowie den Prozess der Vertreibung nachzeichnet.
Im Anschluss an die Vorträge wurde das Denkmal von Vizerektorin Regina Hitzenberger feierlich enthüllt.
Wenn Namen leuchten. Denkmal für die im Nationalsozialismus von der Universität Wien vertriebenen Geschichte-Studierenden und -Lehrenden, das neben dem Hörsaal 41 ("Gerda-Lerner-Saal") an die Vertriebenen erinnert und damit einen Beitrag zur demokratiepolitischen Kultur der Universität Wien leistet: "Wehret den Anfängen!"
V.l.n.r.: Historikerin Martina Fuchs (Institut für Geschichte) und Zeithistoriker Herbert Posch (Forum „Zeitgeschichte der Universität Wien“) haben das Denkmalsprojekt in einem zweijährigen Prozess umgesetzt; Vorständin Christina Lutter und Künstlerin Iris Andraschek, deren Konzept "Wenn Namen leuchten" im Vorjahr von der Wettbewerbs-Jury einstimmig zur Umsetzung empfohlen worden war; daneben Vizerektorin Regina Hitzenberger und Dekan Sebastian Schütze.
Wissenschaftliches und künstlerisches Team (v.l.n.r.): Martina Fuchs, Ádám Stecker (Lichtdesign), Karin Holzfeind (Graphik), Iris Andraschek, Harald und Petra Bazant (Glastechnik), Monika Schwärzler (Philosophin, die das Werk kunsthistorisch kontextualisierte) und Herbert Posch.