Am 26.4.2025 eröffnet um 17 Uhr die Ausstellung „Grenzgeschichten – Film. Foto. Erzählung“ im SchauFenster, Waldstraße 24, 2070 Oberretzbach. Entstanden ist sie aus einem von der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät finanzierten Third-Mission Projekt, das eine Kooperation zwischen dem Dokumentarfilmer und Medienkünstler Alexander Stipsits, dem Künstler Matthias Klos sowie der Alltagskulturwissenschaftlerin Brigitta Schmidt-Lauber ermöglichte. Alle drei Kulturschaffenden verfügen über berufliches wie persönliches Interesse und Erfahrungen an der österreichisch-tschechischen Grenze. Das Ergebnis soll anschließend als Wanderausstellung entlang der österreichisch-tschechischen Grenze gezeigt werden.
Die Zusammenarbeit der Projektpartner:in resultiert in der Verbindung dreier unterschiedlicher Medien: In der zweisprachig (deutsch/tschechisch) umgesetzten Ausstellung sind Fotos, Filme und Texte vereint, die auf verschiedene Weise Erzählungen über die Grenze präsentieren.
Für das Projekt haben Brigitta Schmidt-Lauber und Johanna Resel vom Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien lebensgeschichtliche Interviews mit Grenzbewohner:innen aus dem westlichen Weinviertel (Retzbach), dem östlichen Waldviertel (Langau bei Geras) sowie der südböhmischen Region (Šafov) geführt und die Gespräche für die Ausstellung aufbereitet. Gemeinsam mit der Historikerin Hildegard Schmoller und der Kulturwissenschaftlerin Camilla Geißelbrecht ist auf dieser Grundlage das zweisprachige Heft „Grenzgeschichten“ entstanden, das als Band 35 der Mitteilungen des Instituts für Europäische Ethnologie erscheint. Es bietet auf Tschechisch und Deutsch Einblicke in die Erfahrungswelt von Anwohnenden an der Grenze und die gesellschaftlichen Verhältnisse während der Zeit des „Eisernen Vorhangs“, während der Grenzöffnung sowie aus heutiger Sicht.
Zudem zeigt die Ausstellung Fotografien der Grenze. Der Kultur- und Sozialanthropologe Wolfgang Kraus nahm auf zwei Fahrradtouren entlang der Grenze vor dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ (1986/1989) auf und Matthias Klos suchte ausgewählte Orte heute auf und schuf eine aktuelle Ansicht. Im Zusammenspiel eröffnen die Fotografien einen visuellen Dialog über Wandel und Kontinuität in der Grenzregion.
Und der in Tschechien lebende österreichische Dokumentarfilmer Alexander Stipsits ergänzt diese Perspektive mit Filmporträts von drei Tschech:innen aus Südmähren/Südböhmen und dem Waldviertel. Ausschnitte sind in der Ausstellung zu sehen, die vollständigen Filme online.
Kontext der Ausstellung ist das SchauFenster, ein 2020 gegründeter, in Kooperation mit Anwohnenden entwickelter Ausstellungsort in den ehemaligen Räumlichkeiten eines Gemischtwarengeschäftes im nordwestlichen Weinviertel nahe der österreichisch-tschechischen Grenze. In der Regel vier Mal im Jahr zeigt es abwechselnd kulturwissenschaftlich recherchierte Themenausstellungen auf Basis lebensgeschichtlicher Interviews mit Anwohnenden, historischen Quellenmaterials und Objekten sowie Kunstausstellungen mit regionalem Bezug. Im Mittelpunkt stehen Transformationen des Alltagslebens im ländlichen Raum.
Die ausgestellten Inhalte kommentieren gesellschaftliche Verhältnisse mit unterschiedlichen Mitteln und Formaten, die Kunst und Wissenschaft bieten. So spiegelt das SchauFenster im Kleinen und Konkreten übergeordnete gesellschaftliche Strömungen und Entwicklungen wider: Lokalgeschichte wird in diesem Projekt in Bezug zur Gesellschaftsgeschichte gesetzt und als Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse verstanden.
Neben dem Ausstellungsort in Oberretzbach steht das SchauFenster-Projekt auch digital zur Verfügung. Die SchauFenster-Website listet aktuelle und bisherige Ausstellungen mit weiterführenden Informationen und Fotos (https://schaufenster.site/, Rubrik „Ausstellungen“). In der Rubrik „Kontexte“ findet sich zudem eine laufend wachsende Sammlung vertiefender Inhalte zum Alltagsleben im ländlichen Raum, wie historische Privatfotografien und Filme, schriftliche Quellen und wissenschaftliche oder journalistische Texte. Auch Links zu weiterführenden Projekten wie dem ebenfalls in der Region lokalisierten Themenweg „Spuren am Land“ (https://www.spurenamland.at/) sind hier gelistet.
Das SchauFenster verfolgt als umgewidmete, ehemals leerstehende Infrastruktur das Ziel, ein neues Format für kulturelle Teilhabe und grenzüberschreitenden Dialog im ländlichen Raum zu entwickeln. Zudem bietet das Projekt Impulse und Möglichkeitsräume für die ethnographische Forschung und Repräsentation.
Öffnungszeiten des Ausstellungsraums
Waldstraße 24, 2070 Oberretzbach
sonntags 13-16 Uhr (bis 20.7.2025)
Begleitprogramm
Vortrag von Dr. Hildegard Schmoller „Der Grenzraum im historischen Wandel“
RE.KU.RA, Feldgasse 7, 2070 Unterretzbach
24.4.2025 um 20 Uhr
„Weißt Du noch …?“ Erzählcafé unterm Walnussbaum – Geschichten über die Grenze
Im Hof, Waldstraße 24, 2070 Oberretzbach
5.6.2025 ab 14.30 Uhr