Nachruf auf Prof. Włodzimierz Borodziej (1956-2021)

Am 12. Juli 2021 verstarb unerwartet der Warschauer Historiker Włodzimierz Borodziej im 65. Lebensjahr. Er widmete sich der polnischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, insbesondere dem Zweiten, aber auch dem Ersten Weltkrieg vor dem Hintergrund des polnisch-deutschen Verhältnisses und dem breiteren gesamteuropäischen Hintergrund. Sein Werk und seine Ansichten zeichneten sich aus durch eine profilierte Haltung gegen das Denken in nationalistischen Schablonen, sowie durch kritische Töne gegenüber dem auch in der aktuellen polnischen Geschichtspolitik wieder so stark akzentuierten Opfer- und Helden-Mythos Polens.

Włodzimierz Borodziej war und ist in der internationalen Geschichtsforschung hoch angesehen und spielte in der europäischen Institutionenlandschaft eine exponierte Rolle. Mit Wien, wo er 1975 am Bundesgymnasium 1 (Stubenbastei) maturiert hatte, verbanden Borodziej, der mit der Geschichte des Landes bestens vertraut war, viele Berufskontakte und Freundschaften; seit 2016 war er korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. An der Universität Wien war Borodziej insbesondere den Instituten für Osteuropäische Geschichte und für Zeitgeschichte, sowie der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät über lange Jahre eng verbunden, ersteren als langjähriger Kooperationspartner in unterschiedlichen Projekten (etwa als Vortragender im Rahmen der Tadeusz Mazowiecki-Vorlesungen), letzterer als Mitglied des Scientific Advisory Board, dem er 2009 bis 2018 angehörte.

Wir trauern um einen fachlich wie menschlich hervorragenden Kollegen; unsere Gedanken sind bei seiner Familie.

 

Christoph Augustynowicz

Foto von Włodzimierz Borodziej